Im Fokus!
Im Fokus! beleuchtet größere und komplexere Themenbereiche und bereitet diese wissenschaftlich auf. Im Fokus! erscheint zu ausgewählten Themen. Die rechtliche Bewertung von Hasskommentaren im Internet, die Chancen und Risiken von mehr direkter Demokratie und das Autowaschverbot an Sonntagen waren zum Beispiel Gegenstand bisheriger Ausgaben. Daneben widmete sich Im Fokus! verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und der Landesverfassungsgerichte.
Interesse? Newsletter hier abonnieren.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 18. September 2024 entschieden, dass die AfD-Fraktion keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf den Vorsitz eines Bundestagsausschusses hat. In zwei Organklagen klagte die AfD gegen die Abwahl ihres Mitglieds Brandner und die Nichtwahl ihrer Kandidaten in drei Ausschüssen. Das Gericht wies die Klagen zurück und erklärte, dass solche Vorsitzpositionen rein organisatorisch sind und keine inhaltliche Mitbestimmung betreffen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 38 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf Leitungsämter. Entscheidungen über Ausschussvorsitze fallen unter die Geschäftsordnungsautonomie des Bundestages und werden durch Mehrheitswahlen legitimiert.
Das Konzept der "wehrhaften Demokratie" im Grundgesetz entstand nach den Erfahrungen der Weimarer Republik, des NS-Regimes und der sowjetischen Besatzungszone. Ziel war es, eine Demokratie zu schaffen, die nicht nur Rechte und Freiheiten garantiert, sondern sich auch gegen Feinde verteidigen kann, die versuchen, die Demokratie mit legalen Mitteln zu zerstören. Die Idee geht auf den Verfassungsrechtler Karl Loewenstein zurück, der betonte, dass sich eine Demokratie auch nach innen verteidigen müsse. Das Bundesverfassungsgericht prägte den Begriff der "freiheitlichen demokratischen Grundordnung", die wesentliche Prinzipien wie Menschenrechte, Volkssouveränität und Gewaltenteilung umfasst. Der Verfassungsschutz spielt eine zentrale Rolle beim Schutz dieser Ordnung, indem er extremistische Bestrebungen beobachtet. Wichtige Instrumente der Wehrhaftigkeit sind Parteiverbote, der Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der staatlichen Finanzierung und das Verbot extremistischer Organisationen. Neben staatlichen Maßnahmen wird die Stärkung der Zivilgesellschaft als entscheidend angesehen, um demokratische Werte zu verankern und extremistischen Tendenzen entgegenzuwirken.
Das Grundgesetz, in Kraft seit dem 23. Mai 1949, garantiert in Artikel 1 Abs. 1 die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die auch durch die Ewigkeitsgarantie nicht veränderbar ist. Der Artikel entstand als Reaktion auf die menschenverachtende Politik des NS-Regimes, bei der Menschenleben dem Staat untergeordnet wurden. In den letzten 75 Jahren prägte der Schutz der Menschenwürde viele Lebensbereiche, etwa das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum und das Folterverbot. Herausforderungen der Gegenwart umfassen Themen wie den Schutz der Privatsphäre, Migration, Künstliche Intelligenz und Biotechnologie, die neue ethische Fragen aufwerfen. Technologische Entwicklungen, wie etwa KI und Genmanipulation, erfordern neue Regelungen, um Ungleichheit zu vermeiden und die Menschenwürde zu schützen. Insbesondere Rheinland-Pfalz engagiert sich stark in der Förderung von KI und Biotechnologie, was diese Diskussionen besonders aktuell macht.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland feiert 2024 sein 75-jähriges Bestehen. Es entstand vor dem Hintergrund föderaler Weichenstellungen nach 1945 und wurde stark durch die Länder geprägt, darunter Rheinland-Pfalz. Die Länder hatten bereits eigene Verfassungen, bevor das Grundgesetz ausgearbeitet wurde. Der Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee (August 1948) und der Parlamentarische Rat (1948/1949) waren entscheidend für die Verfassungserstellung, wobei Rheinland-Pfalz durch Dr. Adolf Süsterhenn vertreten war. Die Länder spielten auch eine bedeutende Rolle bei der Ratifizierung des Grundgesetzes. Trotz ihrer wichtigen Beiträge wurde die Bedeutung der Länder in der Erinnerungskultur oft vernachlässigt. Anlässlich des Jubiläums wird die Rolle der Länder, insbesondere durch Veranstaltungen in Rheinland-Pfalz, wieder verstärkt gewürdigt.
Am 13. März 2024 hat der Landtag Rheinland-Pfalz eine Änderung seiner Geschäftsordnung beschlossen, die sofort in Kraft trat. Diese betrifft die Redezeiten fraktionsloser Abgeordneter, da seit November 2023 vier fraktionslose Abgeordnete im Landtag vertreten sind. Bisher hatten fraktionslose Abgeordnete pro Thema eine Redezeit von insgesamt zwölf Minuten, was angepasst wurde, um ein Gleichgewicht zu den Fraktionen herzustellen. Nun steht fraktionslosen Abgeordneten pro Plenarsitzung ein Redezeitkontingent von fünf Minuten zu, das auch für Kurzinterventionen angerechnet wird. Für die Aktuelle Debatte erhalten sie insgesamt drei Minuten Redezeit, die sie auf die Themen verteilen können.
Die Plenarsitzung des rheinland-pfälzischen Landtags am 27. September 2023 behandelte das Thema Einsamkeit als gesellschaftliches Problem. Einsamkeit wird als subjektiv wahrgenommener Mangel an sozialen Beziehungen definiert und unterscheidet sich von objektiver sozialer Isolation. Studien zeigen, dass etwa 10 % der Bevölkerung betroffen sind, wobei die Corona-Pandemie Einsamkeit verstärkte. Die Debatte im Landtag hob hervor, dass Einsamkeit nicht nur ein individuelles Problem ist, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet. Besonders bei Jugendlichen birgt Einsamkeit das Risiko, demokratiefeindliche Haltungen zu fördern, daher wird Einsamkeit zunehmend als politisches Handlungsfeld betrachtet. In Deutschland wurden bereits Maßnahmen wie das Einsamkeitsbarometer eingeführt, um das Ausmaß zu erfassen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Zudem sollen Akteure aus verschiedenen Bereichen vernetzt werden, um gezielt gegen Einsamkeit vorzugehen. Rheinland-Pfalz plant eine eigene Strategie, die in Abstimmung mit der bundesweiten Initiative entwickelt wird.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Partei "Die Heimat" (ehemals NPD) für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen wird. Dies ist der erste Fall, der auf Grundlage des 2017 geänderten Grundgesetzartikels 21 Absatz 3 entschieden wurde, der es ermöglicht, verfassungsfeindliche Parteien von der Finanzierung auszuschließen. Die Partei strebt nach wie vor die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung an und verfolgt ein ethnisch-nationalistisches Konzept, das nicht mit der Menschenwürde und dem Demokratieprinzip vereinbar ist. Die Entscheidung unterstreicht, dass ein Finanzierungsausschluss keine konkrete Erfolgsaussicht der Partei voraussetzt, sondern bereits ihre verfassungsfeindliche Ausrichtung genügt.
Beiträge "Im Fokus!" aus vorangegangenen Jahren