Rheinland-Pfalz-Monitor 2023
Landtag und Universität Trier erforschen erstmals politische Kultur im Land
Die breite Mehrheit der Rheinland-Pfälzer:innen sieht in der Demokratie die beste Staatsform. Gleichzeitig sind Populismus und Verschwörungsdenken relativ verbreitet im Land. Als wichtigste Probleme im vergangenen Jahr wurden die Asyl- und Bildungspolitik gesehen. Dies sind nur einige der ersten Ergebnisse des neuen „Rheinland-Pfalz-Monitors 2023“ des Landtags Rheinland-Pfalz und des an der Universität Trier angesiedelten Trierer Instituts für Demokratie- und Parteienforschung. Landtagspräsident Hendrik Hering und Professor Uwe Jun, der wissenschaftliche Leiter der Studie, stellten die Ergebnisse heute im Mainzer Landtag vor.
Die wissenschaftliche Studie erforschte ab Sommer 2023 grundlegende Einstellungen der Bürger:innen in Rheinland-Pfalz zu Demokratie und Politik. Dazu wurden zunächst Telefoninterviews durchgeführt. Die Auswertung erfolgte durch das Trierer Institut für Demokratie- und Parteienforschung. Befragt wurde die rheinland-pfälzische Bevölkerung insbesondere zu ihrer Demokratiezufriedenheit und -unterstützung, ihrem Institutionenvertrauen sowie zu ihrer politischen und sozialen Partizipation. Im Fokus standen auch Phänomene der Demokratiegefährdung und der politischen Radikalisierung. Ein Sonderthema des diesjährigen Monitors umfasste die Einstellungen der Bürger:innen zum Klimaschutz und Klimawandel. Der Monitor berücksichtigt speziell auch regionale Eigenschaften.
Demokratiebildung ausbauen
„Ziel der repräsentativen Studie war, erstmals in Rheinland-Pfalz auf wissenschaftlicher Basis die politische Kultur zu vermessen. Durch den Rheinland-Pfalz-Monitor 2023 möchten der Landtag und die Universität Trier eine Forschungslücke schließen: Rheinland-Pfalz hatte bisher noch keine Daten über die Demokratiezufriedenheit der Bürger:innen", sagte Landtagspräsident Hendrik Hering. Diese Daten hätten angesichts der zunehmenden Gefährdungen für die Demokratie und der Hundertausenden, die gegenwärtig gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit auf die Straßen gingen, eine ganz besondere Bedeutung. „Die Ergebnisse zeigen uns, wie die Bürgerinnen und Bürger unser Land, die Politik und ihre eigene Situation bewerten. Sie geben uns darüber hinaus einen wichtigen Einblick in ihre Sorgen und Nöte“, so Hendrik Hering. Die Daten zeigten jedoch auch, was die Demokratie im Land gefährde: Ausländerfeindlichkeit, Populismus und Verschwörungsdenken. „Für uns als Landtag ist die Studie Beleg dafür, dass wir mit unseren Angeboten im Bereich der Demokratiebildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf dem richtigen Weg sind, diese jedoch noch weiter ausbauen müssen. Es sollen deshalb laut Hendrik Hering verstärkt auch Zielgruppen angesprochen werden, die derzeit noch unterrepräsentiert sind, wie zum Beispiel junge Menschen in Brennpunkt-, Berufs- und Förderschulen. Hendrik Hering begrüßte vor diesem Hintergrund auch den jüngst im Landtag verabschiedeten Antrag „Kein Platz für Israelhass und Antisemitismus an unseren Schulen – Hamas-Terror, Nahostkonflikt und historische Verantwortung Deutschlands im Unterricht thematisieren“. Der Landtagspräsident betonte: „Nur wer unsere Geschichte versteht, kann heute dafür sorgen, dass es morgen nie wieder passiert. Eine lebendige Erinnerungskultur ist die zentrale Grundlage, um unsere Demokratie zu verteidigen und zu stärken“. Für politische Bildung brauche es eine umfassende, kontinuierliche und verlässliche Finanzierung. Erfreulich sei auch, dass eine Mehrheit politische Bildung über die Demokratiegeschichte von Rheinland-Pfalz für wichtig halte. In diesem Zusammenhang wies Hendrik Hering darauf hin, dass der Landtag unter anderem in diesem Frühjahr beginnt, besondere Orte der Demokratiegeschichte auszuzeichnen wie beispielsweise das Hambacher Schloss in Neustadt/Weinstraße oder auch den Rittersturz in Koblenz.
Der „Rheinland-Pfalz-Monitor“ soll künftig in regelmäßigen Abständen erhoben werden, betonte Landtagspräsident Hendrik Hering.
Professor Uwe Jun kommentierte die ersten Ergebnisse des „Rheinland-Pfalz-Monitors 2023“ wie folgt: „Die Demokratie in Rheinland-Pfalz findet weiterhin große Unterstützung in der Bevölkerung. Es zeigen sich einzelne Alarmzeichen wie eine spürbare Distanz gegenüber Institutionen der repräsentativen Demokratie, recht weit verbreiteter Glauben an Verschwörungserzählungen, Zukunftsängste und ein recht hohes Ungerechtigkeitsempfinden. Besonders in den Mittelstädten sind solcherlei Einstellungen anzutreffen“. Ende des Jahres 2024 werde dann auch über den Vergleich mit anderen Bundesländern berichtet werden können, so Uwe Jun. In Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen existieren bereits Ländermonitore.
Hintergrund:
Prof. Dr. Uwe Jun:
Prof. Dr. Uwe Jun ist Geschäftsführender Direktor des Trierer Instituts für Demokratie- und Parteienforschung und Inhaber des Lehrstuhls für Westliche Regierungssysteme an der Universität Trier. Seit 2005 ist Jun Professor für Politikwissenschaft (Politisches System der Bundesrepublik Deutschland) an der Universität Trier. Von 2011 bis 2017 war er außerdem Dekan des Fachbereichs III. Seit 2009 war er häufig zu Lehraufenthalten an der Södertörns Högskola in Stockholm/Schweden. Davor hat er an den Universitäten Göttingen, Würzburg, Freie Universität Berlin und Potsdam sowie an der Harvard University/USA gelehrt und geforscht. Jun ist Sprecher des Arbeitskreises Parteienforschung der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft und Herausgeber der Reihen „Parteien in Theorie und Empirie“ und der „Schriftenreihe Politik und Kommunikation“ (letztere mit Manuela Glaab).
Trierer Institut für Demokratie- und Parteienforschung (TIDuP):
Das Anfang 2021 gegründete TIDuP beschäftigt sich mit der Analyse demokratischer Systeme, Strukturen und Prozesse in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft auf regionaler, nationaler, europäischer und globaler Ebene. Kernthemen der Forschung sind Fragen der Transformation von und Herausforderung für Legitimität und Leistungsfähigkeit der Demokratien im 21. Jahrhundert auf den unterschiedlichen Ebenen. Das Institut erforscht diese unter fünf wesentlichen Gesichtspunkten: 1. Parteiendemokratie und institutioneller Wandel in Deutschland und Europa 2. Veränderungen von Öffentlichkeit, Repräsentation und Partizipation auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene 3. Demokratie innerhalb von regionalen, nationalen und trans- wie internationalen Organisationen 4. das Verhältnis autoritärer Wertesysteme und demokratischer Politik einschließlich des internationalen Systemwettbewerbs und 5. Aspekte der Vermittlung von demokratischen
Präsentation der ersten Ergebnisse
Kontakt
Projektdurchführung
Universität Trier
Trierer Institut für Demokratie- und Parteienforschung (TIDuP)
Link zur Website des TIDuP
Projektteam:
Prof. Dr. Uwe Jun
Marius Minas
Oliver Drewes
Link zur Infoseite von Prof. Dr. Uwe Jun